Das Wort Utopia bedeutet „Nicht-Ort“. Es ist ein Raum für Phantasien über soziale Ordnungen, die in der Zukunft oder Vergangenheit existieren. Im Film „Black Panther“ taucht das afrikanische „Wakanda“ als ein solcher Ort auf, der eine hochtechnologische Gesellschaft in afrikanischer Folklore präsentiert und Wünsche über einen Zustand darstellen, der nicht an bestehende Realitäten gebunden ist. Utopien sind an Energien gekoppelt, die Menschen dazu bringen, die bedrückende Wirklichkeit als überwindbares Hindernis zu betrachten. Die Phantasie ist einerseits produktiv, weil man das Bestehende nicht einfach akzeptiert, andererseits aber waren utopische Gesellschaftsmodelle, wo versucht wurde sie umzusetzen immer Vorwand für Diktatur und Unterdrückung. Die Kommune des österreichischen Künstlers Otto Mühl im Burgenland versuchte eine utopische Befreiung von sexuellen und emotionalen Zwängen und endete in chaotischem Terror, der Mühl wegen sexuellem Missbrauch und Vergewaltigung von Kindern ins Gefängnis brachte.

Utopien sind fast immer Projektionen in die Zukunft. Eine Befreiung von Zwängen, Unterdrückung und Diskriminierung wird in einem Modell festgehalten, das bestimmte Regeln für das Zusammenleben aufstellt, die man für das Funktionieren von Gemeinschaft als unerlässlich erachtet. Sozialistische Utopien träumen von einer Welt ohne Arbeit, Geld und ökonomischen Zwängen, in der jede/r sich frei entfalten kann. Religiöse Utopien wollen moralisch einwandfreie Beziehungen stiften, die Sünde und Fehlverhalten von vornherein unmöglich machen. Die Idee ist prinzipiell immer die, dass eine bestimmte Art sich zu verhalten, eine Liste an Regeln oder eine zugrunde liegende soziale Ordnung Menschen ganz von selbst zum richtigen Verhalten und zur richtigen Lebensweise motiviert. Wo immer das nicht so ist, muss eine gewalttätige Autorität für ihre Einhaltung sorgen. Ideen von Gewaltfreiheit und die Abwesenheit von Zwängen sind paradoxerweise nur durch eine enorme Anstrengung und ein hohes Maß an gewalttätiger Polizeiarbeit zu haben. Erfahrungsgemäß verhalten sich Menschen selten regelkonform und so ziemlich jede utopische Gesellschaft, wo sie realisiert wurde, scheitert daran, dass sich ihre Regeln entweder nicht durchgehend einhalten lassen oder dass die zugrunde liegende Ordnung Schwachstellen enthält, an die vorher niemand gedacht hat. Die meisten Modelle müssen nicht zwangsläufig in Gewalt und Terror enden, aber sie enden irgendwann einmal, weil sich die Idee dahinter nicht durchgängig realisieren lässt.

Utopien sind also meistens Phantasien, die das Zusammenleben der Menschen nach einem bestimmten Modell strukturieren wollen und das Ergebnis nur nach diesen Regeln interpretieren. Sie sind, ganz kurz gesagt, nicht ergebnisoffen. Das ist eine große Schwäche.