Awareness schaffen
Als Betroffene wissen wir, welche Auswirkungen eine Kindheit mit Gewalterfahrungen auf uns hatte. Viele Betroffene erkennen die Ursache für Probleme im Erwachsenenleben in ihrer Kindheit – umgekehrt gibt es aber auch sehr viele Betroffene, die sich und den anderen Leuten erklären, warum die Schläge richtig und in der Situation angebracht waren. Und wenn diese Betroffenen dann Kinder haben, werden diese in ähnlichen Situationen ebenfalls die Schläge spüren – weil geschadet, so denken sie, haben ihnen die Schläge ja nie.
Gewalt in der Kindheit führt zu aggressiven oder passiv-aggressiven Erwachsenen. Selbst die freundlichsten Menschen neigen zu schematischem Freund-Feinddenken und können Diskussionen inhaltlich nicht mehr folgen, wenn sie das Gefühl der persönlichen Bedrohung in eine Verteidigungshaltung zwingt.
Auch gebildete Betroffene, spüren oft ideologische oder religiöse Aggressionen gegen ihre Mitmenschen. Diskussionen werden untergriffig, man merkt, wie mühsam diese Betroffenen sich zurückhalten, um nicht in offene Aggression auszubrechen.
Was hat das mit der Gesellschaft zu tun? Menschen, die Gewalt als Konfliktlösungsmittel akzeptieren, werden diese auch einsetzen und auslösen. Selbst wenn sie nicht schlagen, die Reaktion auf Situationen, in denen sie selbst Schläge bekommen haben, wird jedenfalls überschießend sein. Daher finden sie auch Populisten aller Colouer, die ihren autoritären Charakter ansprechen und die Lösung aller Probleme versprechen, sehr attraktiv. Wir wissen heute, ein Problem an Nationalsozialismus/Kommunismus war die schwarze Pädagogik auf der einen Seite und die Erziehung der Menschen zu Kriegern mit klaren Feindbildern auf der anderen Seite.
Es ist also eine Bedrohung der Demokratie, wenn wir Schlagen von Kindern nicht so gut wie möglich verhindern. Das ist die gesellschaftliche Komponente eines viel Zuwenig beachteten Problems.
Wir sehen unsere Aufgabe auch darin, dieses Thema wieder in allen Schichten zu einem Gesprächsthema zu machen. Dazu veranstalten wir Diskussionen, Infotische, Besuche in Schulen und Kindergärten, vernetzen uns mit Vereinen mit ähnlicher Ausrichtung, sammeln und organisieren Menschen, die von Gewalt in der Kindheit selbst betroffen sind.

Familienbesuche

Wir sind ein Verein von Betroffenen von Gewalt in der Kindheit und haben uns vorgenommen, den Aufbau einer gesellschaftlichen Struktur von Nachbarschaftshilfen zu fördern. Getreu unserem Motto „Um ein Kind zu erziehen, braucht es ein ganzes Dorf“ wollen wir Familien, die Unterstützung benötigen, in ein Netzwerk einbinden, das Hilfe geben kann.
Wir erfahren immer wieder von Familien, die ihre Kinder schlecht behandeln. Wir besuchen diese Familien und sehen es als unsere erste Aufgabe an, Unterstützung für die Familien zu organisieren. Wir gehen aus von Eltern, die den Anspruch haben, ihren Kindern gute Eltern sein zu wollen. Was es dazu braucht, wollen wir gerne zur Verfügung stellen. Wir organisieren Unterstützung im Alltag, Nachbarschaftshilfe, Lernhilfe, Nannys aller Geschlechter, die in ihrem pädagogischen Auftrag auch die Eltern mit einbeziehen und helfen im Alltag, wo es Hilfe braucht. Dazu bilden wir Besuchsteams aus, die aus professionellen Sozialarbeiter:innen und Betroffenen bestehen, die gemeinsam diese Familien besuchen.
Wir bekommen Informationen über auffällige Kinder aus Schulen, Kindergärten und anderen Institutionen, die mit Kindern zu tun haben. Als Betroffene waren wir selbst diese auffälligen Kinder, die entweder zu laut und zu aggressiv waren oder zu leise und versteckt. Wir waren die Kinder, die sich selbst oder andere verletzten. Und daher wissen wir, dass es überall diese Kinder gibt und sie jeder kennt. Wenn dir ein Kind in deiner Umgebung auffällt, bitte informiere uns hier!
Selbsthilfegruppe
Stellen Sie sich eine Runde vor, in der ein gemütliches Bier oder ein guter Wein getrunken wird und alle sitzen fröhlich beieinander und man erzählt halt so ein paar Schwänke aus dem Leben. Dann fängt einer an, darüber zu erzählen, wie toll seine Kindheit bei den tollen Eltern war und wie brav die Eltern in Zukunft auf ihre Enkerln aufpassen werden. Sitzt ein:e Betroffene:r von Gewalt in der Kindheit in der Runde, wird der Mund schweigen. Zu oft haben wir die Erfahrung gemacht, dass unsere Erlebnisse nur als Zeichen genommen werden. Als Zeichen, dass wir uns wichtigmachen wollen, als Zeichen von Mitleidheischen, als etwas, das die angenehme Stimmung stört. Im Endeffekt werden wir dann als Störung wahrgenommen. Das ist nicht angenehm.
In unserer Successtorygruppe schaffen wir Betroffene uns einen Rahmen, wo wir über all unsere Scham, unsere Ausgeschlossenheit, unsere Angst, unsere Seltsamkeit respektvoll sprechen und zuhören. Ein Rahmen, der uns die Störung nimmt und den Respekt gibt, den wir verdient haben. Denn trotz allem, wir haben ein Recht darauf, als normale Menschen störungsfrei wahrgenommen zu werden. Und wenn wir uns dies nur selbst geben können, dann tun wir das.

Elternakademie (in Planung)
Die Elternakademie ist einerseits als Skillstraining für angehende und aktive Eltern oder Erziehungspersonen angelegt und andererseits als Möglichkeit gedacht, Betroffene unter den Eltern in einem geschützten Raum mit der eigenen Kindheit zu konfrontieren. Erworbene Skills gehen vom Organisieren des Alltags über Lernen im Umgang mit schwierigen Situationen, die ein Kind herausfordert. Die Konfrontation mit Kindheitserlebnissen findet in Form eines Gesprächskreises statt, in dem Menschen wichtige Ereignisse in der Kindheit erzählen und ein Feedback bekommen, wie das auf die eigene Erziehung wirkt. Die Elternakademie ist ein Projekt, das wir gerade planen.
